Entführung, Explosionen und Gewalt: Ein neuer Höhepunkt der kriminellen Auseinandersetzungen im Drogenmilieu hat Nordrhein-Westfalen erschüttert. Die Ereignisse begannen vor anderthalb Wochen mit einer Serie von Sprengstoffanschlägen und eskalierten schließlich in einer dramatischen Geiselnahme. Auch der Anschlag von Solingen auf der Konrad-Adenauer-Straße vom 25. Juni könnte auf das Konto des Kartells gehen.
Sprengstoffanschläge in Köln
In den Kölner Stadtteilen Mülheim und Buchheim detonierten in zwei aufeinanderfolgenden Nächten drei Sprengsätze. Eingangsbereiche und Fensterscheiben wurden schwer beschädigt, doch glücklicherweise blieb es bei Sachschäden und niemand wurde verletzt. Nur einen Tag später explodierte erneut ein Sprengsatz, diesmal in Engelskirchen, gefertigt aus Schwarzpulver. Zwei Tage später folgte eine weitere Explosion in Duisburg. Schon bald vermuteten die Ermittler einen Zusammenhang, doch das Motiv blieb zunächst im Dunkeln.
Entführung und Misshandlung
Die Gewaltspirale drehte sich weiter: Sorgfältige Ermittlungen führten die Polizei zu einem Fall aus Köln, bei dem ein Paar aus Bochum entführt und schwer misshandelt wurde. Der Grund für diese brutale Tat waren Drogengeschäfte im Millionenwert. Die Ermittler gehen davon aus, dass es um Kokain und Cannabis zwischen deutschen Clans und der sogenannten „Mocro-Mafia“ aus den Niederlanden ging. Bei einem Deal sollen mehrere hundert Kilo Drogen verschwunden sein, möglicherweise unterschlagen. Laut Staatsanwaltschaft beträgt der Gesamtwert der verschwundenen Drogen mehrere Millionen Euro.
Spezialeinheiten befreien Geiseln
Am vergangenen Freitag schlug das Spezialeinsatzkommando zu. In einer spektakulären Aktion stürmten die Elitebeamten der Polizei eine Villa in Köln-Rodenkirchen. Beide Geiseln wurden befreit und vier bewaffnete Verdächtige festgenommen. Die Ermittler gehen davon aus, dass die vorherigen Sprengstoffattacken als Warnungen wegen der verschwundenen Großladung Rauschgift gedacht waren. Dabei sollen die Drahtzieher afrikanische Attentäter eingesetzt haben.
Zusammenhang mit Solinger Explosion?
Ein weiterer Fall könnte ebenfalls in diese Serie passen: In Solingen explodierte eine Sprengladung, vermutlich zu früh, und tötete einen 17-Jährigen. Der Tatort war ein Haus der Clan-Familie, zu der auch das entführte Paar aus Bochum gehört. Die Explosion im Juni hatte für viel aufsehen gesorgt. Mehrere Personen wurden verletzt. Das Motiv laut der Staatsanwaltschaft bislang unklar.
Festnahmen und Ermittlungen
Nach dem Zugriff auf die Villa in Köln und der befreiung der Geiseln, kam es zu einer groß angelegten Razzia, bei der die Spezialeinheiten der Polizei weitere sechs Wohnungen in Köln stürmten, durchsuchten und zwei weitere Verdächtige festnahmen. Die sechs am vergangenen Freitag und Samstag festgenommenen Tatverdächtigen, im Alter zwischen 22 und 29 Jahren, befinden sich seit Samstag bzw. Sonntag in Untersuchungshaft. Fünf von ihnen werden der gemeinschaftlichen Geiselnahme und der gefährlichen Körperverletzung beschuldigt, während der sechste wegen Beihilfe zur Geiselnahme und Verstoßes gegen das Waffengesetz verdächtigt wird. Am Sonntag wurde zudem ein weiterer Tatverdächtiger in Engelskirchen festgenommen, bei dem Bargeld und Mobiltelefone sichergestellt wurden.
Internationale Ermittlungen
Die intensiven Ermittlungen, die sich auch in die Niederlande erstrecken, dauern an. Aus ermittlungstaktischen Gründen können derzeit keine weiteren Details veröffentlicht werden. Hinweise auf einen möglichen politischen Hintergrund der Explosionen liegen nach wie vor nicht vor.