Samstag - 12. April 2025
StartAllgemeinNach Brandanschlag: Staatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen gegen Polizeichef und Beamte ab

Ablehnung von Ermittlungen

Nach Brandanschlag: Staatsanwaltschaft lehnt Ermittlungen gegen Polizeichef und Beamte ab

Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat mit Bescheid vom 09.04.2025 die Aufnahme von Ermittlungen gegen Beamtinnen und Beamte des Polizeipräsidiums Wuppertal abgelehnt, da ein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten der bezichtigten Personen nicht vorliegt.

Angeklagter u.a wegen Mordes vor Gericht
Derzeit findet vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Wuppertal die Hauptverhandlung wegen des Tatvorwurfs des Mordes u.a. statt, der unter anderen eine Brandlegung mit tödlichen Folgen in Solingen zum Gegenstand hat.

Eine als Nebenklagevertreterin an der laufenden Hauptverhandlung mitwirkende Rechtsanwältin hatte durch eigene Recherchen aufgedeckt, dass durch die Polizei bei einer Durchsuchung des von dem Angeklagten bewohnten Hauses angefertigte Lichtbilder nicht zur Akte genommen worden waren, die in dem Haus aufgefundene Bücher aus der Zeit und über die Zeit des Nationalsozialismus zeigen. Zudem befand sich in einer von dem Angeklagten genutzten Garage offenbar ein an die Wand geklebter Zettel, der ein fremdenfeindliches Gedicht enthielt. Dieser Zettel war von der Polizei nicht gesichert und zur Akte genommen worden.

Gegenstand der hier getroffenen Entscheidung ist allein die strafrechtliche Bewertung des polizeilichen Verhaltens, die auch nach der hiesigen Einschätzung nicht sachgerecht war. So hätten die von der Polizei angefertigten Fotos zur Akte genommen und die Garage gründlicher durchsucht werden müssen. Nicht zu entscheiden war zudem, ob die Funde in dem Mordverfahren ggf. den Rückschluss auf ein fremdenfeindliches Tatmotiv erlauben. Dies bleibt der laufenden Hauptverhandlung überlassen.

Hitler Bücher in leerstehender Wohnung
Dies vorausgesetzt liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der seinerzeit eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nicht vor. In Betracht kam zunächst eine versuchte Strafvereitelung im Amt (§§ 258, 258a, 22, 23 StGB). Dieser Tatbestand kam in Frage, da ein möglicherweise rassistisch motiviertes Verhalten des Tatverdächtigen aus Solingen einen Einfluss auf die Strafzumessung haben könnte. Insoweit wurde insbesondere überprüft, ob Anhaltspunkte für einen Vereitelungsvorsatz der seinerzeit tätigen Polizeibeamten bestehen. Dies ist nicht der Fall. Die Polizeibeamten hatten die Bücher in einer leerstehenden Wohnung aufgefunden. Der seinerzeit Tatverdächtige bewohnte eine andere Wohnung in dem Haus.

Fotos dem polizeilichen Staatsschutz vorgelegt
Die leerstehende Wohnung war seinerzeit von dem Hauseigentümer für die Polizei aufgeschlossen und mit dessen Einverständnis in Augenschein genommen worden. Die in der Wohnung entdeckten Bücher waren fotografiert und die Bilder dem polizeilichen Staatsschutz zur Bewertung vorgelegt worden. Dass die damals tätigen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die in erster Linie Beweismittel für die Brandlegung selbst suchten, die Bücher dem Tatverdächtigen zugeordnet und zu dessen Gunsten diesen Umstand verheimlicht haben, liegt außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit, zumal ein etwaiges Tatmotiv der Beamtinnen und Beamten selbst ansatzweise nicht ersichtlich ist. Überprüft wurde zudem der Tatbestand der Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB), der allerdings aus Rechtsgründen bereits ausschied. So setzt dieser Tatbestand den Nachweis einer Absicht voraus, einem anderen durch die Tat einen Nachteil zuzufügen.

Kein Verwahrungsbruch durch die Beamten
Der staatliche Strafanspruch, der hier in Form eines „Nachteils“ tangiert worden sein könnte, fällt nach der gängigen Rechtsprechung aber nicht unter den Schutzbereich der Norm. Ebenfalls überprüft wurde, ob ggf. zureichende Anhaltspunkte für einen Verwahrungsbruch (§ 133 StGB) vorliegen, da die von den Büchern gefertigten Lichtbilder nicht zur Akte genommen wurden. Dieser
Tatbestand setzt voraus, dass die Fotos der dienstlichen Verfügung entzogen worden sind. Dies erscheint angesichts der Vorlage der Bilder in der polizeilichen Staatsschutzabteilung als eher fernliegend.

Zudem müssten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mit dem Vorsatz handelten, eine dienstliche Verwendung der Bilder unmöglich zu machen. Hierfür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Stattdessen liegt die Annahme nahe, dass die Beamten die Fotos der in einer leerstehenden Wohnung aufgefundenen Bücher nicht als verfahrensrelevant eingeschätzt haben.

Zettel mit fremdenfeindlichem Gedicht
Soweit durch die Polizei der in der Garage an der Wand befindliche Zettel nicht gesichert worden ist könnte dieser Umstand nur dann den Tatverdacht einer versuchten Strafvereitelung begründen, wenn dieser als Beweismittel erkannt und vorsätzlich nicht gesichert worden wäre. Hierfür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. In der Garage waren eine Vielzahl von Behältnissen und sonstigen Gegenständen aufgefunden worden, die unübersichtlich gelagert waren. Die Polizei suchte hier intensiv nach Brandbeschleunigern. Dass bei dieser Suche ein an der Wand geklebter Zettel übersehen worden ist erscheint als nicht fernliegend.

Der Nebenklagevertreterin ist die hiesige Entscheidung mit einem eingehend begründeten Bescheid bekannt gegeben worden. Die Nebenkläger können – soweit sie durch die angezeigten Straftaten verletzt wären – gegen die hiesige Entscheidung Beschwerde einlegen, über die die Generalstaatsanwältin in Düsseldorf zu entscheiden hätte.

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