Fast ein Jahr nach dem verheerenden Brand in einem Mehrfamilienhaus in Solingen mit vier Todesopfern schilderten Feuerwehrleute im Mordprozess die dramatischen Ereignisse. Die Einsatzkräfte erlebten eine Nacht voller verzweifelter Rettungsversuche und tragischer Schicksale.
Fast ein Jahr nach dem verheerenden Wohnhausbrand in Solingen mit vier Todesopfern haben Feuerwehrleute die dramatischen Momente des Einsatzes im Mordprozess vor dem Wuppertaler Landgericht geschildert. Ein Feuerwehrmann beschrieb den Einsatz als den schlimmsten seiner 25-jährigen Laufbahn. Schon auf der Anfahrt sei eine massive Rauchentwicklung sichtbar gewesen, vor Ort hätten sich dann die schlimmsten Befürchtungen bestätigt.
Bei dem Brand in der Nacht des 25. März 2024 kam eine bulgarische Familie ums Leben. Die Eltern, 28 und 29 Jahre alt, sowie ihre beiden kleinen Töchter starben im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses. Wegen des brennenden hölzernen Treppenhauses war eine Flucht unmöglich.
Opfer starben an Rauchgasvergiftung
Der Bericht des Gerichtsmediziners ist für die Angehörigen kaum zu ertragen: Die vier Opfer des nächtlichen Brandes im Dachgeschoss eines Wohnhauses an der Grünewalder Straße starben an einer Rauchgasvergiftung. Die beiden Erwachsenen und ihre zwei Kinder konnten den Flammen nicht entkommen – ihre Körper waren stark verbrannt.
Feuerwehrmann: Anwohner sprangen aus Fenster
Ein Feuerwehrmann berichtete als Zeuge, dass ein Bewohner aus dem dritten Stock mit einem Handylicht auf sich aufmerksam machte. Doch die Rettung mit der Drehleiter gelang nicht rechtzeitig. Die Einsatzkräfte versuchten ein Sprungpolster in Position zu bringen, doch ein geparktes Auto blockierte den Platz. „Wir haben versucht, das Polster zu verschieben, das Auto umzukippen, aber dann sprang er“, schilderte der Feuerwehrmann die dramatischen Sekunden.
Der Mann habe sich in der Luft auf den Rücken gedreht, das Auto dämpfte den Aufprall. Erst später bemerkten die Einsatzkräfte, dass er ein Kleinkind in eine Decke gewickelt bei sich trug. „Es war sehr bedrückend, weil wir dachten, er hätte das nicht überlebt“, erklärte der Feuerwehrmann weiter. Auch eine Frau sprang aus dem dritten Stock und schlug seitlich auf das Auto auf. Sie lag schwer verletzt am Boden.
Leichenspürhund fand Säugling
Im Dachgeschoss waren vier Personen vermisst gemeldet. „Wir geben die Hoffnung nie auf, aber das Treppenhaus war nur noch ein leerer Schacht“, erklärte der Zeuge. Erst nach etwa 20 Minuten stellte sich durch Befragungen heraus, dass die Vermissten sich in der obersten Etage befanden. Die spätere Bergung der Opfer gestaltete sich schwierig. Ein Leichenspürhund entdeckte schließlich das jüngste Opfer, einen Säugling.
Ein weiterer Feuerwehrmann berichtete: „Das war ein Schock-Moment. Die Flammen schlugen durchgehend bis nach oben, so etwas hatte ich noch nie gesehen.“ Der Einsatzleiter berichtete, dass insgesamt sieben Personen mit der Drehleiter gerettet werden konnten. Nach heutigem Baurecht wäre ein hölzernes Treppenhaus wie in dem betroffenen Gebäude nicht mehr zulässig.
Feuerwehrleitstelle überlastet
Die Feuerwehr-Leitstelle war laut einer Zeugenaussage phasenweise überlastet. Eine Nebenklage-Vertreterin fragte nach, ob es möglich sei, dass die Polizei die Feuerwehr nicht erreichen konnte. Ein Feuerwehrmann bestätigte dies und erklärte, dass alle Anschlüsse durch eingehende Notrufe blockiert gewesen seien. Und auch die Polizei landet in der Leitstelle der Feuerwehr nur in der Leitung für Notrufe – es gebe keine extra Leitung, damit die Polizei die Feuerwehr gesondert alarmieren kann.
Der mutmaßliche Brandstifter, ein 40-jähriger Deutscher, hat die Tat bereits umfassend gestanden. Er muss sich wegen vierfachen Mordes sowie versuchten Mordes an bis zu 21 Menschen verantworten. Seine DNA wurde an zwei Brandsätzen gefunden. Der Prozess vor dem Wuppertaler Landgericht wird fortgesetzt.