Nach jahrelanger akribischer Ermittlungsarbeit in sehr abgeschotteten Strukturen der organisierten Rockerkriminalität hat die Polizei unter Beteiligung von Spezialeinheiten und der Bereitschaftspolizeihundertschaft am Donnerstagmorgen (2. September) einen groß angelegten Einsatz bei Mitgliedern der Hells Angels durchgeführt. Gegen zwei Angehörige der Gruppierung im Alter von 34 und 42 Jahren wurden Haftbefehle vollstreckt. Nach einem 31- Jährigen und einem 33-Jährigen wird international gefahndet.
Konkret geht es in den zwei Fällen aus den Jahren 2013 und 2014 um Mord, versuchten Mord und Strafvereitelung bezüglich eines Mordes.
Fall 1 (Staatsanwaltschaft Duisburg):
Der heute 31 Jahre alte Tatverdächtige, der nach hiesigen Erkenntnissen der Rockergruppierung der Hells Angels zuzuordnen ist, soll im November 2013 auf den verfeindeten Geschädigten, der zur damaligen Zeit nach hiesigen Erkenntnissen der Rockergruppierung der Bandidos zuzuordnen war, geschossen haben, als der in seinem Ford Kuga vor einer roten Ampel an der Roonstraße in Oberhausen wartete. Der durch Projektile des Kalibers 22 schwerverletzte Fahrer (damals 25 Jahre alt) konnte durch ein waghalsiges Fahrmanöver zu einer Tankstelle auf der Bebelstraße flüchten. Seine Beifahrerin (damals 32 Jahre alt) wurde leicht verletzt. Gegen den 31-jährigen Schützen besteht ein internationaler Haftbefehl wegen versuchten Mordes in zwei Fällen und anderem. In diesem Verfahren hatte die Duisburger Staatsanwaltschaft auch zwei weitere Haftbefehle wegen versuchten Mordes in zwei Fällen und anderem gegen einen 33-Jährigen und einen 34-jährigen Mittäter beantragt, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen. Die Haftbefehle wurden antragsgemäß erlassen.
Fall 2 (Staatsanwaltschaft Mönchengladbach):
Der 33-jährige, der der Gruppierung der Hells Angel zuzuordnen ist, soll ebenfalls für den Mord an einem Clubkameraden im Januar 2014 verantwortlich sein. Er und sein 34 Jahre alter Mittäter sollen den damals 32-jährigen Kai M. in Mönchengladbach erschossen haben, weil dieser in dem Verdacht stand, Geheimnisse der Rockergang verraten zu haben. Ein weiterer Mitbeschuldigter, der ebenfalls den Hells Angels zuzurechnen ist (heute 42), soll an der Zerstückelung und Entsorgung des Toten beteiligt gewesen sein. Teile des Leichnams von Kai M. wurden im Februar und April 2014 in Duisburg am Ufer des Rheins und im Rheinpreußenhafen angespült. Anhand von DNA-Untersuchungen und Tätowierungen auf dem Arm des Toten gelang seinerzeit eine eindeutige Identifizierung.
In beharrlicher Arbeit, durch Auswertungen von Beweismaterial und Überprüfungen von Aussagen suchten die Ermittler lange Zeit nach den noch fehlenden Leichenteilen des Ermordeten. Im Mai 2020 bargen Polizeitaucher dann an der Stadtgrenze Duisburg/Oberhausen unter anderem einen menschlichen Schädel aus dem Rhein-Herne-Kanal. Nach gerichtsmedizinischen Untersuchungen stand fest, dass es sich um die Knochen von Kai M. handelte.
Der 34-jährige Mitbeschuldigte verbüßt derzeit in anderer Sache eine Freiheitsstrafe im Wuppertaler Gefängnis. Dort gaben ihm die Ermittler am Donnerstag den Haftbefehl wegen versuchten Mordes bekannt.
Der 42 Jahre Mitbeschuldigte, der an der Entsorgung des Leichnams beteiligt war, wurde mit einem Haftbefehl wegen der Strafvereitelung zum Mord in Mönchengladbach festgenommen.
Die Polizei geht derzeit davon aus, dass sich der 33-Jährige, gegen den Haftbefehl wegen Mordes und versuchten Mordes in zwei Fällen und anderem erlassen worden ist, derzeit im Ausland aufhält. Der 31-Jährige hält sich aktuell mutmaßlich in der Türkei auf.
Im Zusammenhang mit diesen Straftaten haben die Beamten am Donnerstag fünf weitere Mitglieder der Hells Angels in Dinslaken, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen und Mönchengladbach zur Durchführung von Folgemaßnahmen zu Polizeidienststellen verbracht. Polizeikräfte durchsuchten 24 Objekte in den Städten an Rhein und Ruhr – neben den Wohnungen der Verdächtigen auch eine Werkstatt, ein Restaurant, Vereinsheime der Hells Angels in Mönchengladbach, Bordellbetriebe auf der Duisburger Vulkanstraße sowie Hafträume in verschiedenen Justizvollzugsanstalten.
Bei den heutigen Durchsuchungsmaßnahmen stellten Ermittler der Kriminalpolizei unter anderem eine scharfe Schusswaffe, eine Schreckschusswaffe, Datenträger und Betäubungsmittel sicher. Die Ermittlungen und Auswertungen der Beweismittel dauern an. Personen kamen bei diesem Einsatz nicht zu Schaden.