Sonntag - 23. Februar 2025
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Untersuchungsausschuss

Widersprüchliche Aussagen zur Abschiebung des Attentäters Issa Al H. sorgen für Wirbel

Im nordrhein-westfälischen Landtag nimmt der Untersuchungsausschuss langsam aber sicher zum Attentat in Solingen seine Arbeit auf. Ein neu aufgetauchtes Dokument wirft brisante Fragen zur Abschiebung des mutmaßlichen Täters auf.

Am 23. August hatte der 26-jähriger Syrer Issa Al H. auf einem Stadtfest in Solingen wahllos auf Besucher eingestochen und drei Menschen getötet. Dabei hätte er zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr in Deutschland sein dürfen: Bulgarien, das erste EU-Land, das er betreten hatte, hatte im Februar 2023 seine Aufnahme bestätigt. Gemäß dem Dublin-Verfahren hätte Deutschland ihn dorthin abschieben müssen.

Abschiebe-Möglichkeiten und Widersprüche
Dem WDR liegt das Überstellungsformular der bulgarischen Flüchtlingsagentur vor, das belegt, dass die Behörden eine Abschiebung unter klaren, aber flexiblen Bedingungen akzeptierten. Demnach sollten Überstellungen an jedem Werktag außer freitags zwischen 9:00 und 14:00 Uhr am Flughafen Sofia erfolgen. Eine Ankündigung sieben Werktage im Voraus sei erforderlich gewesen. (“We prefer the transfer to take place at Sofia Airport any working day except Friday between 9:00 AM and 2:00 PM.”)

Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den Aussagen von NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne). Sie hatte nach dem Attentat im Landtag erklärt, dass Abschiebungen nur montags bis donnerstags zwischen 9:00 und 14:00 Uhr möglich seien und mit einer Frist von neun Werktagen angekündigt werden müssten. Auch Charterflüge seien nicht erlaubt gewesen, was die Zahl möglicher Verbindungen reduziert habe.

Ein weiteres Dokument des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestätigt zwar ähnliche Bedingungen, nennt jedoch leicht abweichende Zeiten für Abschiebeflüge nach Bulgarien.

Reaktion des Ministeriums und politische Folgen
Das NRW-Flüchtlingsministerium verteidigte sich gegen Vorwürfe und betonte, man habe sich an die Vorgaben des BAMF gehalten. Eine Ministeriumssprecherin räumte jedoch ein, dass die Formulierungen im Überstellungsformular missverständlich sein könnten.

Die Opposition reagierte empört. SPD-Politikerin Lisa Kapteinat forderte eine vollständige Aufklärung der Widersprüche. FDP-Fraktionschef Henning Höne ging noch weiter und forderte den sofortigen Rücktritt von Ministerin Paul. Es sei offensichtlich, dass es ausreichend Möglichkeiten gegeben hätte, die Abschiebung durchzuführen.

Der Untersuchungsausschuss im Landtag wird nun weiter prüfen, ob Versäumnisse bei der Abschiebung des mutmaßlichen Attentäters vorlagen und ob das Attentat in Solingen hätte verhindert werden können.

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